Zur Ehrenrettung der Ihagee Exakta Varex / VX


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Abgeschickt von Thomas Gröger am 30 Oktober, 2003 um 02:13:00

Bevor ich zum Thema komme, möchte ich bemerken, daß ich dies für ein sehr interessantes Forum halte und mich die Qualität der Beiträge größtenteils beeindruckt. Das gilt auch und sogar insbesondere für die Beiträge von "Winfried". Nur in einem Thread (http://www.baierfoto.de/forum/messages/2087.html) hat er meiner Meinung nach ein wenig daneben gelegen.

Zur Exakta VX 500 schreibt er dort:

"Wenn Du mit dem Ding tatsächlich ernsthaft fotografieren willst, würde ich mich Peters Meinung anschließen. Brauchbare modernere SLRs ohne klingenden Markennamen (z.B. Chinon, Cosina, Revue, Porst) kannst Du für das gleiche Geld bekommen, und sie sind erheblich besser für den normalen Einsatz geeignet."

Da weiß ich erst mal gar nicht, wo ich anfangen soll. Ich nummeriere mal.

1. Die erste nennenswerte Kleinbild-SLR der Welt war die "Kine-Exakta" von Ihagee. Es gab zuvor schon einen obskuren Klotz aus Rußland, den man so bezeichnen konnte, aber das war ein schnell wieder in der Versenkung verschwundenes Ungetüm. Die Exakta dagegen wurde bis in die Siebziger Jahre kontinuierlich verfeinert und erwarb sich den Ruf einer exzellent verarbeiteten, hochwertigen und für den professionellen Einsatz geeigneten Kamera. Dies bedeutete den weltweiten Durchbruch für das Konzept der einäugigen Kleinbild-Spiegelreflexkamera - es gibt also kaum eine Kamera von größerer historischer Relevanz als die Exakta. Außerdem stellen die Modelle Varex IIa bis VX 1000 wohl auch den Zenit in der Fertigungsqualität rein mechanischer Spiegelreflexkameras dar. Sicher, dann kamen die Japaner mit batteriebedürftigem TTL-Schnickschnack aus Plastik und eroberten (in gewisser Weise sogar zurecht) den Markt, aber an dem verdienten Ruhm der Exakta ändert das meines Erachtens nichts. Worauf ich hier hinaus will: Ein wenig Respekt, bitte. Ja, man kann mit dem "Ding" nicht nur "ernsthaft fotografieren", sondern man kann, wenn man die Arbeitsgeräusche filigraner Präzisionsmechanik dem Summen von Motoren vorzieht, bis heute mit keiner anderen SLR besser fotografieren. Für mich ist das kein "Fossil" oder "Dinosaurier", sondern ausgereifte Technik von zeitlosem Reiz.

2. Die Exakta-System ist gigantisch. Es gibt unzählige Objektive jeglicher Spezifikation von zahlreichen namhaften Herstellern, Prismensucher, Lichtschächte, Makro-Sucher, später - hört hört - diverse TTL-Sucher, 3D-Vorsätze, 3D-Sucher (!), Makro-Balgen, Reprogeräte und so weiter und so fort. Und das Schöne ist: Da dieses System lange Zeit konkurrenzlos den Markt dominierte, war es sehr weit verbreitet und man bekommt heute bei Ebay alles, was man selbst für ambitionierte Spezialfotografie braucht, vergleichsweise zum Schnäppchenpreis. Eine vergleichbare Vielfalt bei erschwinglichen Preisen gibt es wohl nur für den M42-Anschluß, aber das bezieht sich eben nur auf die Objektive.

3. Die Exaktas sind ganz einfach bildschön und edel. Egal welches Modell: Jede Exakta kann man, nachdem man mit ihr fotografiert hat, anstatt in den Schrank in die Vitrine stellen.

4. Wenn auch die Kameras selbst sowie die Systemkomponenten zur Zeit noch vergleisweise günstig zu haben sind, so wird doch aufgrund der historischen Relevanz und der grandiosen Optik der Kameras das Interesse der Sammler mit der Zeit eine Verknappung auf dem Markt bewirken, was den Wert der Kameras steigen lassen wird. In den Beschreibungen bei Ebay treten nach meinem Eindruck bereits mehr und mehr die "Sammlerargumente" in den Vordergund. (Ich bin mir bei diesem Punkt allerdings nicht ganz sicher, ob es sich wirklich um ein "Pro" handelt. Denn die Vorstellung, daß große Mengen funktionstüchtiger Spitzenausrüstung nur noch in Vitrinen verstaubt anstatt im Einsatz am Leben erhalten zu werden, gefällt mir eigentlich nicht.)

5. Wer das Fotografieren erlernen will, macht dies am zweckmäßigsten mit einer mechanischen Spiegelreflexkamera, bei der einem keine Automatik die Entscheidungen abnimmt. Und es dürfte dem Lernprozeß nicht abträglich sein, wenn es sich dabei um eine ausgezeichnet verarbeitete, historisch bedeutende und unverwechselbar elegante Kamera handelt.

6. Kameras von Revue und Porst sind NATÜRLICH brauchbare Kameras für den normalen Einsatz, aber zu deren Ehrenrettung wird hier keiner mitten in der Nacht einen neuen Thread aufmachen und sich die Finger wund schreiben. ;-)


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